Die Erstellung eines virtuellen 3D-Raums führt zwangsläufig zu einer Beschäftigung mit 3D-Grafiksoftware – müssen doch Gegenstände, Umwelt und Architektur erstellt, modifiziert und aneinander angepasst werden. Der 3D-Grafiksoftwaremarkt ist hierbei groß und bietet eine beinah unüberblickbare Anzahl an unterschiedlicher Software für unterschiedliche Zwecke – sei es für die Erstellung von Videoanimationen, Architekturvisualisierung oder zur Erstellung von Videospielen.
Das Open-Source-Programm Blender umfasst dabei eine Vielzahl der oben genannten Einsatzszenarien und kann so zur Erstellung ganzer Filme genutzt werden oder vormals mental imaginierte Objekte und Welten virtuell realisieren. Im Fokus des PoKoDi-Projekts steht – aufgrund der Konzeption als multimediales Museum – die Schaffung und Begehung virtueller Welten. Die hierfür zur Verfügung stehenden Möglichkeiten innerhalb Blenders sind dabei quasi unbegrenzt und reichen von einer minimalistischen Umgebung, lediglich bestehend aus rechtwinkligen Körpern (ähnlich des Videospiels Minecraft), bis hin zur Erstellung komplexer Welten mit einer Vielzahl von Polygonen, Lichtern und Texturen.
Polygone?
Polygone (Vielecke), im Kontext der 3D-Modellierung meistens auf Dreiecke beschränkt, stellen – vereinfacht gesagt – die Basis jeglicher Objekte in Videospielen und -animationen dar. Hintergrund ist die möglichst effiziente Nutzung von Rechenressourcen der digitalen Endgeräte, umso weitere Designentscheidungen zu ermöglichen. Anders als zum Beispiel Vierecke oder weitere Vielecke erlaubt ein Dreieck lediglich eine zweidimensionale Fläche, welche weniger Rechenkraft benötigt als eine dreidimensionale Form. Weitergehende Informationen zu Polygonen in Videospielen können in diesem englischsprachigen, kurzweiligen Video gefunden werden.
Texturen?
Texturen stellen in der 2D- sowie 3D-Modellierung einen „Überzug“ dar, welche es ermöglichen, ansonsten einfarbige/farblose Objekte ein besonderes Aussehen zu geben. Durch diesen Trick kann beispielsweise ein einfaches Rechteck unkompliziert das Aussehen einer Mauer annehmen.
Im Folgenden soll in aller Kürze die Möglichkeiten und Grenzen Blenders im Kontext der Verzahnung mit Mozilla Hubs aufgezeigt werden. Als erste – und vermutlich größte Hürde – stellt sich die steile Lernkurve des Programms dar, welches – zumindest für den Autor dieses Textes – den ersten Berührungspunkt mit 3D-Programmen darstellt. Die Arbeit im dreidimensionalen Raum stellt insofern eine Herausforderung dar, als dass erschaffene Objekte auf einem zweidimensionalen Display dargestellt werden, sodass es häufig zu perspektivischen Fehlannahmen und Verzerrungen der X-, Y- und Z-Achse kommen kann. Bedingt durch die Vielzahl der Verwendungsszenarien Blenders ergibt sich ferner eine mindestens ebenso große Anzahl an Werkzeugen, Modifiern und Reitern, welche sich beim erstmaligen Öffnen des Programms nur wenig bis gar nicht intuitiv erschließen. Unbedingt positiv zu erwähnen ist jedoch die überaus aktive sowie hilfsbereite Community, welche eine Vielzahl von Online-Tutorials bereitstellt und somit einen schnellen sowie intensiv begleiteten Einstieg in die Welt des 3D-Modellings ermöglicht. Folgens sollen zwei, für den eigenen Lernprozess als sehr hilfreich empfundene, Tutorialreihen vorgestellt werden: CrossMind Studio: Introduction Series for Beginners sowie Blender Guru: Blender Beginner Tutorial.
Als hilfreich erweist sich ferner die Installation des Blender AddOns „Hubs Exporter for Blender“, welches es ermöglicht, hubsspezifische Objekte (wie z.B. Spiegel oder Audiozones) bereits innerhalb der ersten Modellierungsphase in Blender einzubinden.
Besonders bei der Schaffung von größeren oder komplexeren virtuellen Welten in Blender stellt sich jedoch schnell die Herausforderung der Minimierung von Ressourcenanforderungen; können doch in Mozilla Hubs genutzte Räume standardmäßig lediglich 128 Megabyte sowie 50.000 Dreiecke umfassen und sollten bestenfalls maximals 256 Megabyte Arbeitsspeicher in Anspruch nehmen. Im Rahmen des Pilotprojekts PoKoDi führt dies – aufgrund der großen Dimensionen des angestrebten Lernraums – zu einem Verzicht fast jeglichen dekorativen Materials, welche üblicherweise einen signifikanten Teil der erlebten Immersion ausmacht.
Für die Entwicklung und Konkretisierung unseres virtuellen PoKoDi-Museums greifen wir aus arbeitsökonomischen Gründen auf bestehende Modelle zurück:
Diese Modelle lassen sich nach einer Format-Übertragung in die *.blend Dateiendung in Blender importieren und dort modifizieren. Vorteil: die Modelle bieten eine gute Grundlage für die Basisarchitektur des 3D-Raumes; Nachteil: ihre Modifizierbarkeit hat Grenzen, denn zuweilen können schon kleinere optische Anpassungen, durch Änderung der vorher definierten Texturzuodnungen, weitreichende Konsequenzen nach sich ziehen.
Auch ist es regelmäßig erforderlich, die in Blender entwickelten oder modifizierten Modelle für Mozilla Hubs zu exportieren und in Hubs die Funktionalität zu testen. Ähnlich wie im ‚realen‘ physischen Raum lassen sich erst beim (idealiter gemeinsamen) Betreten des virtuellen Raums in Hubs die Perfomanzfolgen der in Blender getroffenen architektonischen Gestaltungsentscheidungen erkennen und anschließend weiter bearbeiten. Diese regelmäßige Erprobung bzw. dieser Wechsel zwischen den Entwicklungsumgebungen ist zuweilen etwas mühsam und bedingt durch beschränkte Uploadgeschwindigkeiten auch zeitaufwendig, aber nicht ersetzbar.
Unser Zwischenfazit: Die Einarbeitung in und die Arbeit mit Blender macht großen Freude, erfordert aber medientechnisches Knowhow und eine gewisse Frustrationstoleranz im Umgang mit Software und Modellierung.
In Forschungshinsicht könnten Hubs und Blender eine gute Grundlage bieten, um interaktionsarchitektonischen bzw. sozialtopografischen Fragen (Hausendorf & Schmitt 2016) im experimentellen, virtuellen und dynamisch anpassbaren Raum nachzugehen.
In unserem nächsten Blog-Beitrag stellen wir die architektonische und didaktische Grundkonzeption von PoKoDi vor.