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Sprache ist Politik – und Politik ist Sprache

Von David Klöpper und Friedemann Vogel (Universität Siegen, 01.10.2021)

Demokratie und PolitikerInnen legitimieren sich maßgeblich über Wahlen. Damit PolitikerInnen gewählt werden und ein politisches Mandat ausüben dürfen, müssen jedoch möglichst viele WählerInnen von der Person und den jeweiligen politischen Inhalten überzeugt werden. Dies geschieht unter anderem über Sprache und Wahlwerbung ein Bereich, mit dem sich die Politlinguistik seit mehreren Jahrzehnten auseinandersetzt. PoKoDi ist der gemeinsame Versuch der Bundeszentrale für Politischen Bildung und der Universität Siegen, im Rahmen eines Pilotprojektes zentrale Konzepte aus diesem Forschungsfeld SchülerInnen näher zu bringen und sie für persuasive Strategien der politischen Sprache zu sensibilisieren.

Das Projekt ist ein Pilotprojekt und erprobt die konzeptuellen sowie technischen Bedingungen für ein kontinuierlich wachsendes, virtuelles und interaktiv einsetzbares Museum zur politischen Kommunikation und versteht sich als Beitrag zur politischen Bildung für alle Interessierten.

In den folgenden Wochen und Monaten entsteht ein digitaler, interaktiver Lernraum, in dem SchülerInnen am Übergang der Sekundarstufe I zur Sekundarstufe II für Themen der politisch-strategischen Kommunikation sensibilisiert werden sollen. Die Besonderheit des Projekts ergibt sich hierbei – neben der Tatsache, dass nicht politische Inhalte, sondern eine metasprachliche Betrachtung der politischen Kommunikation reflektiert wird – aus dem interaktiven Setting eines Mozilla Hubs. Mozilla Hubs ist eine synchrone Open-Source-Plattform, in welcher UserInnen aus Egoperspektive virtuelle Räume begehen, verändern sowie mit Dritten über Chat, Video und Audio kommunizieren können. 

Inhalte

Inhaltlich stehen – auch in Abgrenzung zum schulischen Politikunterricht – politische Programme und ihre Diskussion lediglich im Hintergrund des PoKoDi Konzepts, stattdessen sollen kommunikative Strategien und Techniken der politischen Sprache sowie Wahlwerbung thematisiert werden. Hierfür werden wir uns aufgrund des zeitlichen Projektrahmens (12 Monate) vor allem an der Bundestagswahl 2021 orientieren sowie vereinzelt historische Beispiele aufgreifen. Im Zentrum der detaillierter betrachteten Gattungen stehen Wahlkampfreden, Wahlplakate sowie Online-Memes, wobei den letzten beiden eine besondere Rolle der aktiven Bearbeitung und Produktion zukommen soll (z.B. Einladung der SchülerInnen zum digitalen AdBusting). Vor allem mit Blick auf die diesjährigen Wahlen wurde vielerorts eine grundsätzliche Inhaltsleere des Wahlkampfs beklagt, welcher sich verstärkt auf persönliche Fehltritte sowie SpitzenpolitikerInnen der Parteien konzentrierte – eine Entwicklung, welche bereits seit mehreren Jahrzehnten zu beobachten und teils auch marketingtechnisch gewollt ist. Die seit den 1970er Jahren einsetzende Professionalisierung politischer Kommunikation setzt auf eine Anschlussfähigkeit der Masse sowie – eine bereits in der Frühphase der Bundesrepublik Deutschland in Ansätzen sichtbare – Personalisierung der Parteiprogramme, wie unter anderem am unten angefügten Wahlplakat sichtbar wird.

 

Historisches Beispiel einer personalisierten Wahlkampagne der CDU 1957.

Kooperation

Das Projekt PoKoDi entsteht unter Leitung der Forschungsgruppe Computergestützte Sozio- und Diskurslinguistik (CoSoDi) der Universität Siegen und in Kooperation mit der Bundeszentrale für Politische Bildung (BPB). Konzeption, Erprobung sowie Evalution sollen in enger Zusammenarbeit mit einer Gesamtschule und/oder eines Gymnasiums der 10. respektiven 11. Jahrgangsstufe im lokalen Umfeld der Universität Siegen durchgeführt werden. Eine abschließende Evaluation und Dokumentation wird –neben dem an dieser Stelle betriebenen Blog – in entsprechenden fachdidaktischen Zeitschriften angestrebt.

Mitarbeiter:

Technische Grundüberlegungen

Aufgrund der seit 2020 um sich greifenden Covid-19-Pandemie und der daraus auch im globalen Kontext häufig erfolgten Schließungen von Schulen und akademischen Bildungsstätten ergaben sich erste vorläufige Studien zur Nutzung von Mozilla Hubs im Bildungssektor [1, 2, 3], welche en gros das didaktische Potenzial von Mozilla Hubs unterstrichen. Zudem zeichnet sich die Plattform durch einen niedrigschwelligen Zugang aus und ermöglicht es Schüler:innen ohne weitere Installationen oder gesonderte Geräte am Projekt teilzunehmen; die Verwendung eines Browsers am PC, Tablet oder Smartphone ist dafür ausreichend. Ferner ermöglicht der Open-Source-Ansatz es, einen DSGVO konformen Raum zu schaffen, in welchem die Schüler:innen ungeachtet kommerzieller, werbetechnischer Überlegungen die geschaffene Lernumgebung entdecken können.

Proof of Concept

In Zusammenarbeit mit den Kolleg:innen der Siegener Forschungsgruppe CoSoDi wurde bereits ein erste Proof-of-Concept-Lernumgebung erstellt, in der exemplarisch die verschiedenen Forschungsbereiche des Teams vorgestellt werden. Die Plattform adressiert vor allem Schüler:innen am Ende der Oberstufe mit dem Ziel, einen Einblick in Fragen unserer Forschung und Lehre zu geben und Interesse für einen Studiengang im Bereich Sprache und Kommunikation zu wecken. Der Raum steht unter diesem Link allen Interessierten offen und wird kontinuierlich weiter- und umgestaltet (work-in-progress). An diesem Beispiel erproben wir auch den möglichst einfachen Einsatz von 3D-Modellierungen zur Illustration politolinguistischer Forschungsergebnisse (unter Einsatz von Spoke und Blender).

In diesem Blog werden wir kontinuierlich über Probleme und Lösungen bei Konzeption und Realisierung unseres virtuellen Lehr-Lern-Raumes berichten. Für Kritik und Anregungen sind wir dabei immer offen und dankbar!

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Dieser Blog wird in kleineren und größeren Abständen über die Fortschritte (oder auch Rückschläge) dieser Forschungsarbeit berichten.